Pilze sind nicht Tier und auch nicht Pflanze. Sie bilden ein eigenes Reich (Fungi) im System der Lebewesen. Als allgegenwärtiger und natürlicher Bestandteil der belebten Umwelt sind sie für die Umsetzung der organischen Substanz unverzichtbar. Ihr Anteil an der Biomasse beträgt immerhin rund 25 Prozent. Und das größte überhaupt bekannte Lebewesen ist ein Pilz, der im amerikanischen Bundesstaat Oregon etwa die Fläche Hamburgs einnimmt.

Als „Schimmelpilze“ wird in der Mikrobiologie eine systematisch uneinheitliche Gruppe von Pilzen zusammengefasst, die bestimmte ökologische Nischen besetzen, welche leider auch das direkte Wohnumfeld des Menschen betreffen. Weil Schimmelpilze selbsternährend wie Tiere sind, benötigen sie zu ihrem Wachstum kein Sonnenlicht. Der dunkelste Hohlraum genügt. Als Lebensgrundlage unverzichtbar ist jedoch erhöhte Feuchtigkeit. Wenn kein freies Wasser zur Verfügung steht, genügt die Feuchtigkeit der Luft. Allerdings liegt die untere Grenze dann bei etwa 70 Prozent relativer Luftfeuchte.

Vom Feuchtigkeitsanspruch abgesehen sind Schimmelpilze aber sehr genügsam. Als Nahrungsgrundlage dienen alle erdenklichen organischen Stoffe, wie beispielsweise Lebensmittel, Baustoffe, Textilien, Blumenerde, Abfall und sogar Hausstaub. Dabei wird saures Milieu bevorzugt, wie an verschimmeltem Obst unschwer erkennbar ist. Der alkalische Bereich wird dagegen nicht akzeptiert. Deshalb ist z. B. Kalkzementputz wesentlich schimmelresistenter als Gipsputz.

Reifer Schimmel produziert Vermehrungskörper in Form winziger Sporen, die luftgetragen in die ganze Wohnung streuen und sogar über Jahrtausende ihre Keimfähigkeit bewahren würden. Man denke nur an den „Fluch der Pharaonen“ der altägyptischen Königsgräber, ausgelöst durch Sporen von Aspergillus flavus – dem Gelben Gießkannenschimmel, der auch in Wohnungen vorkommt. Diese andauernde Keimfähigkeit der Sporen ist der Grund dafür, dass ehemaliger Schimmelbefall leicht erneut ausbricht, sofern nicht vollständig und sachkundig saniert wird.

Hausschimmel ist als Problem nicht gerade neu, wie Bibelkundige wissen (Altes Testament, 3. Buch Mose, Kapitel 14, Vers 33 bis 57). Man sollte meinen, mit der stetig verbesserten Wohnungsqualität sei das Problem nun aber erledigt. Das Gegenteil ist der Fall! Moderner Wohnraum präsentiert sich hermetisch abgedichtet, wohingegen im Altbau aufgrund von Undichtigkeiten auch bei geschlossenen Fenstern die Raumluft innerhalb von 3 bis 5 Stunden vollständig durchtauschte. Bereits die Wärmeschutzverordnung (WSchV) von 1984 schrieb gedichtete Isolier-Fenster vor. Und seit Inkrafttreten der Energieeinsparverordnung (ENEV) im Jahr 2002 wird im Neubau grundsätzlich das luftdichte Haus verlangt.

Ein Vierpersonenhaushalt gibt aber an einem einzigen Tag 12 bis 14 Liter Wasser an die Raumluft ab. Man spürt die gefangene Luftfeuchte kaum und erkennt sie auch nicht mehr, weil moderne Fenster kaum noch zum Beschlagen neigen. Zur Kondensation dieser erhöhten Luftfeuchte kommt es nun ganz unbemerkt an kalten Wandstellen, besonders im Bereich bauphysikalischer „Wärmebrücken“. Dies sind vor allem die Raumwinkel und Fensterlaibungen im teilrenovierten Altbau. Wenn zusätzlich die Luftzirkulation durch hart an die kalte Wand gerückte Möbel oder durch bodenlange und deckenhohe Vorhänge behindert wird, kommt es fast unausbleiblich zu Kondensfeuchte und Schimmelbildung.

Problematisch sind zudem Kunststoffoberflächen moderner Möbel und Wände (Vinyltapeten). Solche unnatürlich absperrenden Materialien können keine Feuchtigkeit zwischenspeichern. Wer unter derartigen Wohnverhältnissen im Winterhalbjahr nicht bewusst und regelmäßig lüftet, wird selbst dann seinen Hausschimmel bekommen, wenn keinerlei Außenfeuchte eindringt. Seit 1990 zeigten sich insgesamt rund 15 Millionen Wohnungen betroffen. Deutschland verschimmelt.

 

Gesundheitliche Risiken, die von sporulierendem Schimmel ausgehen, sollte jeder Wohnungsnutzer kennen. Besonders gefährdet sind Allergiker und empfindlich disponierte Personen, Kinder und Senioren. Vor allem die Kombination von Schimmelsporen und Milbenkot, z. B. aus älteren Matratzen und Teppichböden, weist ein hohes Allergisierungs-Potenzial auf. Symptome sind gerötete Augen, Fließschnupfen, Rachenreizung, Stirn- und Nebenhöhlen-Affektionen, lang andauernder Husten, erschwertes Atmen bis hin zum chronisch-obstruktiven Formenkreis. Bei stark abwehrgeschwächten Personen kann Hausschimmel sogar zu inneren „Mykosen“ führen. Solche Verpilzungen sind ganz schwierig zu therapieren und können fatale Verlaufsformen annehmen.

Mietrechtliche Konsequenzen liegen also nahe und werden von einer ausreichend gefestigten Rechtsprechung auch gestützt. Schimmelpilzbefall der Wohnung gilt grundsätzlich als „Mangel der Mietsache“, weshalb zunächst der Vermieter nachweispflichtig dafür ist, dass der Mangel nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt (z. B. AG Köpenick – 17 C 475/00). Allerdings obliegt es dem Mieter, seinem Vermieter einen Schimmelbefall zeitnah anzuzeigen, damit der Vermieter Gelegenheit erhält, für Abhilfe zu sorgen. Andernfalls kann, bei einer Weitung des Schadens, der Mieter hierfür sogar in die Schadenersatzpflicht geraten. Großflächiger und gesundheitsgefährdender Schimmelbefall kann bei Fortbestand zu Mietminderung und fristloser Kündigung berechtigen (z. B. AG Neukölln – 6 C 586/99), wobei zugleich auf das Sonderkündigungsrecht nach § 569 Abs. 1 BGB hingewiesen werden sollte. Vor Gericht muss der Mieter allerdings davon ausgehen, darlegungspflichtig zu sein, dass es sich um toxinbildende Schimmelpilzspezies handelt (KG – 8 U 124/02; – 12 U 1493/00) und die Wohnung in ihrer Gesamtheit maßgeblich betroffen ist (LG Berlin vom 16.11.2004 – 63 S 174/04).

Ohne Fachgutachten wird dies schwerlich gelingen. Dieses gibt der Mieter aber nur dann in Auftrag, wenn der Vermieter, trotz wiederholter Aufforderung, nicht selbst sachgerecht klären ließ. Der Ortstermin sollte dem Vermieter mitgeteilt werden, damit dieser der Untersuchung beiwohnen kann. Der Gutachter muss die einschlägigen Richtlinien und Untersuchungsmethoden kennen, in geeigneter Weise anwenden und die Ergebnisse auch formal richtig (methodisch, prägnant, laienverständlich) niederlegen. Hierzu gehören Messungen von Baufeuchte und Wohnklima, Abrissprobe, Stempelprobe, volumetrische Luftkeimsammlung, mikroskopische Bestimmung der Schimmelpilze nach Inkubation, Beurteilung der Humanpathogenität und eine Raumluftanalytik der gasförmigen Stoffwechselprodukte („MVOC“) bei Verdacht auf verborgenen Schimmel. Wichtig für den Mieter ist ein überzeugender Nachweis, dass die Ursache für den Schimmelpilzbefall zumindest überwiegend im baulichen Bereich liegt und nicht etwa auf ungeeignete oder gar vertragswidrige Nutzung zurückführbar ist. Eine besondere „Klimapflege“ schuldet der Mieter seinem Vermieter aber nicht, meinte das LG Hamburg (11 S 341/86), und einer berufstätigen Mutter sei mehr als zweimaliges Lüften am Tag nicht zumutbar (LG Hamburg – 16 S 122/87). Dennoch liegt es im Eigeninteresse des Mieters, baubiologisch-bauphysikalische Grundsätze geeigneten Wohnverhaltens zu kennen und zu befolgen.

Was tun gegen Pilze?

Nutzungsempfehlungen zur Vermeidung von Schimmelpilzbefall können, ohne Inaugenscheinnahme des konkreten Falles, nur unvollständig gegeben werden. Sehr bewährt hat sich aber das Beachten folgender allgemeiner Empfehlungen:

Schimmelentfernung kleinerer Befallsflächen bis 20 Quadratzentimeter kann, nach erfolgter Ursachenfeststellung, selbst durchgeführt werden. Voraussetzung ist eine ausreichende vorherige Beratung und die Verwendung geeigneter Mittel, welche für Mensch, Tier und Pflanze unschädlich sind. Besonders geeignet sind Schimmelentferner auf Peroxycarbonsäure-Basis, die aber nur im Fachhandel erhältlich sind. Giftige Substanzen sollten unbedingt vermieden werden. Keineswegs abwarten, bis der Schimmel Sporen absondert, sondern sofort handeln.

Gesundheitliche Beschwerden im Zusammenhang mit verschimmeltem Wohnraum sollten umgehend mit dem Arzt besprochen werden. Es ist günstig, wenn mitgeteilt werden kann, welche Schimmelpilz-Arten in der Wohnung festgestellt wurden, denn deren humanpathogenes Potenzial ist sehr unterschiedlich.